#20 Australien: Trampen, Campen, Couchsurfen

Nach einem Monat in Swami’s Yoga-Retreat nahe Sydney ging es Mitte September 2019 Richtung Phillip Island und Melbourne. In den letzten zwei Wochen in Australien wollten wir noch einmal auf in ein kleines Abenteuer und die Natur richtig genießen. 1200km Fahrt lagen vor uns. Mit Rucksack und Zelt machten wir uns auf den Weg.

Trampen mit Eddy

Auch dieses Mal versuchten wir unser Glück wieder per Autostopp. Ein netter Mann namens Eddy nahm uns über 300km mit. Eddy wohnt mit seiner Familie in Sydney. Ursprünglich kommt er aus einem Aborigine-Stamm im Südosten von New South Wales, wohin er an diesem Tag auf Besuch fuhr. Während der Fahrt erzählte uns Eddy viel über seine Abstammung und über die faszinierende und in den letzten Jahrhunderten leider sehr tragische Geschichte der Aborigines.

Australiens Ureinwohner

Vor der Besiedlung durch die Europäer gab es in Australien ungefähr zwischen 400 und 600 verschiedene Aborigine-Stämme. Jeder Stamm hatte ein großes Landgebiet, eine eigene Sprache und eigene Kulturtechniken. Laut Eddy sahen bzw. sehen sich die Aborigines jedoch nicht als Landbesitzer sondern viel mehr als Bewahrer und Behüter der Natur. Sie entnehmen sich nie mehr als sie wirklich brauchen, begegnen der Natur mit Harmonie und Respekt und sehen sich als Teil des ewigen Naturkreislaufs.  

Über 60.000 Jahre wurde Australien schon von den Aborigines besiedelt. Sie gelten damit als die älteste durchgehend lebende Kultur der Welt. Mit der Ankunft der Europäer im 18. Jahrhundert ging die Zahl der Ureinwohner aufgrund von Vertreibungen, Morden und eingeschleppter Krankheiten allerdings drastisch zurück. Sie wurden von den weißen Siedlern in Reservaten untergebracht und als Zwangsarbeiter missbraucht. Ab dem 20. Jahrhundert wurden Kinder von ihren Familien weggenommen und in christliche Erziehungsheime gebracht, um sie der westlichen Lebensweise anzupassen. Bis 1967 galten die Aborigines in der australischen Verfassung als Tiere und Teil der „Flora und Fauna“. Erst danach wurden sie als Menschen anerkannt und ihnen wurde das Wahlrecht zugesprochen. Unfassbar…

In den letzten Jahrzehnten gab es zumindest kleine Fortschritte. Landgebiete wurden wieder an Aborigine-Stämme zurückgegeben und sie wurden rechtlich gleichgestellt. Allerdings leben viele Aborigines noch heute in großer gesellschaftlicher und sozialer Benachteiligung.

Campen im Wald

Mit Eddy fuhren wir bis in seinen Heimatort Bodalla, wo wir auf einem Free-Camp im Zelt übernachteten. In Australien gibt es in Straßennähe immer wieder kostenlose Rast- und Campingplätze, wo Autofahrer auf den oft langen Distanzen Pausen einlegen oder sogar übernachten können. Über Handy-Apps wie „Campermate“ und „Wiki-Camps“ lassen sich diese Plätze ganz leicht finden. Nach einer Nacht im Wald und einem herrlichen Frühstück mit unserem „fast professionellen Campingkocher“ machten wir uns weiter auf den Weg Richtung Süden.

Welcome to Victoria

Nachdem wir am nächsten Tag mit zwei Mitfahrgelegenheiten bereits 300km zurückgelegt hatten, nahmen uns Les und sein Sohn Dryw über 400km bis in die Stadt Sale mit. Nun waren wir bereits im Bundesstaat Victoria angekommen. Unser Camping-Vorhaben hielten die beiden für etwas naiv, da für die Nacht heftige Regenschauer angesagt waren. Und so boten sie uns an, bei ihnen zu Hause zu übernachten. Ein Riesenglück und ein sehr netter Abend, vielen Dank. Les betrachtete übrigens nicht nur unsere Campingausrüstung sehr kritisch sondern auch unser klassisches „Autostopper-1er-Menü“ bestehend aus reichlich Brot, Karotten und Hummus. Das kostete ihm ein paar Schmunzler.

Couchsurfen auf Phillip Island

Am nächsten Morgen stoppten wir von Sale die restlichen 200km bis nach Phillip Island. Dort konnten wir uns für ein paar Tage einen Couchsurfing-Platz organisieren. Bei Kaiserwetter erkundeten wir in den folgenden Tagen die Insel. Unser Gastgeber Jonathan lieh uns dafür sogar zwei alte Fahrräder. Auf der Insel gab es unter anderem die MotoGP-Strecke, natürlich unglaubliche Strände und viele coole Tiere zu sehen. Neben den allseits verbreiteten Kängurus sahen wir kleine Zwergpinguine in ihren Nestern und einen seltenen Echidna, ein sogenannter Ameisenigel.

Daumen nach oben

Von Phillip Island ging es schließlich ein letztes Mal per Autostopp weiter nach Melbourne. In unseren 3 Monaten in Australien legten wir über 2500km auf der Straße zurück. Bis auf zwei Metrofahrten in Sydney und Melbourne fuhren wir kein einziges Mal mit Bus oder Bahn, immer war jemand so freundlich und nahm uns ein kleines oder großes Stück durchs Land mit. Eine richtig coole Sache und ein richtig großes Danke.

Das machte sich übrigens auch in unseren Ausgaben bemerkbar. Mit Trampen, Campen, Couchsurfen und Workaway brauchten wir in Australien insgesamt nur 180€, zu zweit, in drei Monaten. Das überraschte uns selbst.

Couchsurfen in Melbourne

In Melbourne durften wir vier Tage bei Ahren couchsurfen. Ein supernetter Abschluss. Wir besuchten die Tennis-Arena, sahen uns die kleinen Zwergpinguine im Hafen an und auf der Dachterrasse von Ahrens Wohnung blickten wir über die Skyline von Melbourne. Außerdem ging Ahren mit uns zu „Lentil as Anything“. In diesem Restaurant-Projekt werden unter dem Motto „Jede/r verdient einen Platz am Tisch“ vegetarische/vegane Gerichte von Freiwilligen gekocht und serviert. Bezahlt wird auf Spenden- und Vertrauensbasis. „Lentil as Anything“ ist eine Non-Profit-Organisation und hat bereits mehrere Restaurants in Melbourne und Sydney eröffnet.

Dann endete Ende September 2019 unser 3-monatiges Abenteuer in Australien. Wunderschöne Landschaften, ein atemberaubender Ozean, einfaches und herausforderndes Leben im Busch, alternative Community, einige Elemente der Permakultur, minimalistisches Wohnen, die Zeit im Yoga-Retreat, viele Kilometer auf der Straße und viele liebe Menschen. Ein intensives und aufregendes Kapitel unserer Reise. Nun hoben wir ein letztes Mal Richtung Osten ab, nächster Stopp: Neuseeland…

Und wie es weiterging, siehst du hier