#5 Auf den Straßen Vietnams

„Good Morning Vietnam“. Oder besser gesagt „Good Afternoon“. Es war nämlich schon 3Uhr nachmittags, als wir an die Grenze kamen. Abfahrts- und Ankunftszeitpunkt sind beim Autostoppen ja eher ungewiss. Die Grenzüberschreitung fiel im Vergleich zu Thailand – Kambodscha äußerst entspannt aus. Mit dem Stempel im Pass ging’s los.

Über Nacht im LKW

Vor unserem Start ins „Tramperleben“ hatten wir zwei Regeln aufgestellt. Früh starten und nach 17Uhr in kein neues Fahrzeug mehr einsteigen, um nicht im Dunkeln irgendwo mit irgendwem herumzuirren.

Zurück zum Grenzübergang. Es war kurz nach 15Uhr. Wir beschlossen nahe der Grenze nach einer Unterkunft Ausschau zu halten. Allerdings war da außer einer Straße und ein paar kleinen Häusern nicht viel zu sehen. Bis auf ein paar Mopeds schienen keine anderen Fahrzeuge um diese Zeit die Grenze zu überqueren.

Also gingen wir zu Fuß ein kleines Stück bis wir am Straßenrand ein paar Männer sahen, die einen LKW beluden. Da ahnten wir noch nicht, dass dieser Lastwagen für die nächsten 24 Stunden unser Zuhause sein würde. Nach einer Stunde Verständigungsversuchen mit dem Google-Übersetzer des Fahrers und 3 Stunden Verladezeit später brachen wir mit Hồng, dem LKW-Fahrer und 15 Tonnen Mangos im Rücken in die 8-Millionen-Stadt Ho-Chi-Minh auf.

Nachdem uns Hồng sämtliche Familienmitglieder über Videotelefonate vorgestellt hatte, begann unsere erste Nacht im Vietnam in einem LKW. Unsere eigens aufgestellten Tramper-Regeln waren da natürlich schon längst über Bord geworfen. „Flexibel und spontan“ war das Motto für die nächsten Tage und Wochen.

Nach der Mangolieferung ins Stahlwerk

So auch am nächsten Morgen. Immer kommunizierend über Hồng’s Google-Übersetzer stellte sich heraus, dass die Mangolieferung nicht direkt nach Ho-Chi-Minh, sondern in ein 2 Stunden entferntes Dorf ging. Glücklicherweise musste Hồng nach der Mangolieferung eine Stahllieferung abholen – jetzt angeblich wirklich in Ho-Chi-Minh. Und schwuppdiwupp saßen wir mitten in einer Stahlfabrik, aber immer noch etwas außerhalb von Ho-Chi-Minh.

Nach 3 Stunden Wartezeit in der Fabrikskantine war der LKW fertig geladen und Hồng brachte uns etwas näher Richtung Stadtzentrum in die Nähe einer Unterkunft. Hồng war so freundlich und großzügig – er nahm uns den ganzen weiten Weg mit und ließ es sich nicht nehmen uns auf alle Mahlzeiten während unserer Fahrt einzuladen. Vielen, vielen Dank! Cảm ơn!

Im falschen Bus gelandet

Am nächsten Tag machten wir uns auf zur Busstation um ins Innere der 8-Millionen-Metropole zu gelangen. Nicht’s wurde draus! Wir wurden nämlich im wahrsten Sinne des Wortes in den falschen Bus reingeschoben. Der besagte Bus fuhr nun 90km in Richtung Norden. Wir landeten in der Kleinstadt Tay Ninh.

Ein neuer Plan musste her – Stichwort „flexibel und spontan“. Anstatt zurückzufahren wurde Da Lat zu unserem neuen Ziel auserkoren. 400km, das sollte mit Autostoppen in ein bis zwei Tagen machbar sein. Es wurden 2 Tage und 11 Fahrzeuge, allerdings nicht bis nach Da Lat. Aber dazu später mehr. Zwei Tage voll Spannung, Spaß, Freundlichkeit und ganz viel Neugier. Fremde oder gar Touristen dürften in dieser Region nicht zum Alltag gehören.

Ein kleines Missgeschick

Alles lief wie am Schnürchen. Bis wir beim Ausladen der Rucksäcke unsere beiden Handys im Kofferraum eines Autos liegen ließen. Suchfunktion natürlich ausgeschaltet! Die Handys benutzten wir immer zur Verständigung (Google-Offlineübersetzer), Navigation (Google-Offlinekarte) und als Fotokamera. Nun hatten wir den Salat. Der Fahrer wusste nicht einmal, dass unsere Handys in seinem Kofferraum waren. Deshalb warteten und warteten wir, schrieben Nachrichten von Evi’s noch vorhandenem Steinzeithandy an unsere verlorenen Handys, riefen mehrmals an. Doch keine Antwort. Der Fahrer kam nicht zurück.

Detektive in Dong Xoai

Da waren wir nun in Dong Xoai, einer kleinen Stadt noch mehr als 200km von Da Lat entfernt. Um auch wirklich alles versucht zu haben, gingen wir am nächsten Morgen zum Polizeiposten der Stadt. Nach Schreiben eines Polizeiberichts spielten wir gemeinsam mit den Polizisten Detektiv. Wir untersuchten die Überwachungskameras einer Zahnarztpraxis und mehrerer Geschäfte, um den Fahrer über das Nummerntaferl zu finden. Tatsächlich konnten wir das Auto auf den Videoaufzeichnungen ausfindig machen, aber das Nummerntaferl war leider nicht zu entziffern. Wir sahen sogar die ganze Szene auf Video. Vom Aussteigen bis zum Zeitpunkt als wir bemerkten, dass wir die Handys vergessen hatten. Bitter…richtig bitter!

Aufgeheitert haben uns die Polizisten, sie waren richtig nett. Zwei von ihnen luden uns sogar zu einer kleinen Stadttour auf dem Moped und zum Abendessen ein. „Chefermittler“ Minh gestand uns auch, dass er ziemlich nervös war, da er zum ersten Mal mit „Foreigners“ Englisch sprach.

Die Handys? Konnten trotz „fortlaufender Ermittlungen“ nicht mehr gefunden werden. Unsere Fotos? Hatten wir zuletzt in Thailand auf unserer Festplatte gesichert. Somit waren unsere Fotos von Kambodscha und den ersten Abenteuern im Vietnam leider verloren. Aber die Erinnerungen bleiben.

Am nächsten Morgen zogen wir nach Da Lat weiter. Nach all der Aufregung diesmal mit dem Bus…

Und wie es weiterging, siehst du hier